Fokusthema 5: Experimentierquartiere

Smarte Lösungen auf Quartiersebene können eingesetzt werden, um Ressourcen effizienter einzusetzen und zu sparen, Menschen näher aneinanderrücken zu lassen und bedarfsgerechte Planungen im Rahmen von Stadt- und Regionalentwicklungsprozessen zu vereinfachen. Dabei unterscheiden sich sowohl die Begebenheiten als auch die konkreten Bedürfnisse stark zwischen ländlichen, suburbanen und urbanen Quartieren.

Mit den Experimentierquartieren schaffen wir in jedem dieser Räume je ein Reallabor für die Erprobung smarter Lösungen. Es erfolgt eine enge Verzahnung mit der Maßnahme „Data Hub“: Hier können die Lösungen visualisiert und die erhobenen Daten erfasst und ausgewertet, sowie Szenarien simuliert werden.


Im Folgenden werden die Einzelprojekte aufgelistet, aus der sich das Fokusthema zusammensetzen soll. Diese sind das Ergebnis unseres umfangreichen Beteiligungsprozesses an dem über 2.000 Akteur*innen, darunter Bürger*innen, öffentliche Institutionen, kommunale Unternehmen und Expert*innen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft der KielRegion sowie Mitglieder der regionalen Hauptausschüsse teilgenommen haben. Nach der Verabschiedung der Strategie halten wir euch auf dem Laufenden, welche der Einzelprojekte in die Umsetzung geht.

Einzelprojekte die nicht vom Projekt Smarte KielRegion umgesetzt werden, sammeln wir in einem Ideenpool, sodass sich Akteur*innen und Bürger*innen diesen annehmen können. Bei der Suche nach einer Finanzierung dieser können wir im Rahmen der KielRegion GmbH gerne unterstützen.

5.1 Smartes Gewerbegebiet

Bei der Ressourceneinsparung im Quartier spielen Gewerbegebiete eine besondere Rolle, da insbesondere produktionsgeprägte Gebiete und Unternehmensstandorte meist große Energieabnehmer sind. Auf der anderen Seite verfügen sie durch großflächige Gebäudehüllen, ihre Lage am Siedlungsrand und die gute infrastrukturelle Anbindung aber auch über ein enormes Potenzial für mehr Energieeffizienz und Energieeinsparung – etwa durch intelligente Netze und Energiespeicherung. Gleichzeitig bestehen hier gute Voraussetzungen für die dezentrale Erzeugung erneuerbarer Energie. Auf einer Plattform werden verschiedene Angebote zur Ressourcen Einsparung im Gewerbequartier gebündelt (Rohstoff-/Energiebörse für Überschüsse und Bedarfe). Außerdem werden intelligente Lösungen für Beleuchtung und Müllentsorgung zur Ressourceneinsparung angewandt.

  • Shared-Service Plattform
  • Kreislauforientierte Vernetzung des Gewerbestandortes
  • Gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen, Mobilitätsangeboten und Ressourcen
  • Sensorgestütztes Energie- und Umweltdatenmonitoring

Zu Beginn soll zunächst eine Machbarkeitsstudie durchgeführt werden, um einerseits zu identifizieren, ob der Bestandteil in einem Bestandsgebiet oder einer Neuerschließung durchgeführt werden soll. Außerdem sollen die Bedarfe durch einen Beteiligungsprozess mit den Gewerbetreibenden konkretisiert werden.

5.2 Smart Altern

Ein selbst bestimmtes Leben bis ins hohe Alter ist der Wunsch vieler Menschen. Doch wenn die (Sinnes)Kräfte abnehmen oder krankheitsbedingte Beschwerden hinzukommen, fühlen sich viele Menschen im eigenen Haushalt nicht mehr richtig aufgehoben.

Eine Möglichkeit, sich trotz bestehender Einschränkungen zu Hause wohl und sicher zu fühlen, bieten digitale altersgerechte Assistenzsysteme. Diese Systeme können alltägliche Arbeiten im Haushalt erleichtern, bieten eine einfache Kommunikation mit Angehörigen und Pflegediensten oder können im Notfall einen Hilferuf absetzen. Die Ausstattung von Wohnungen mit digitalen altersgerechten Assistenzsystemen ist ein Novum in der KielRegion.

Durch die engmaschige fachkundige Begleitung und Evaluation des Projekts werden zudem wichtige Erkenntnisse gewonnen, wie Quartiere den Auswirkungen des soziodemografischen Wandels (älterwerdende Gesellschaft, Veränderung von Haushalts- und Familienformen, Singularisierung) und einem zunehmenden Fachkräftemangel in den Pflegeberufen begegnen können.

5.3 Smarte Straßenbeleuchtung

Intelligente Lichtmasten werden eingesetzt, um die smarte kommunale Infrastruktur weiterzuentwickeln. Die Masten bieten die Möglichkeit, einer bedarfsgerechten und umweltschonenden Beleuchtung. Die Lichtintensität wird durch Bewegungssensoren dem Bedarf angepasst. Somit wird einerseits bei geringem Bedarf Energie eingespart und durch geringere Lichtverschmutzung die Umwelt geschont. Es können außerdem IoT-Anwendungen untergebracht werden die folgende Funktionen ermöglichen:

  • Sensoren für eine zeitnahe Umgebungsüberwachung, wie beispielsweise Luftqualität, Lärm und Ereigniserkennung, die auch Daten erfassen, um Entscheidungen zur Verbesserung der Lebensqualität in urbanen Bereichen zu unterstützen
  • Kameras, welche die Straßenlage beobachten, um den Verkehrsfluss zu optimieren, Instandhaltungsentscheidungen zu begleiten und den Einsatz von Rettungskräften zu lenken
  • Intelligente Mikrofone mit moderner Mustererkennung, die durch Lärm in Verbindung mit gesellschaftswidrigem Verhalten wie Geschrei, Kfz-Alarmen, Glasbruch oder sogar Schüssen ausgelöst werden können. Diese können dann automatisch die Helligkeit erhöhen, Tonaufzeichnungen starten und Notfalldienste alarmieren
  • Anzeigebildschirme, die nicht nur wichtige Notfallinformationen anbieten, sondern auch als Umsatzträger für gezielte Werbeinhalte fungieren können
  • Anbindung von E-Lademöglichkeiten

5.4 Digitales Quartiersentwicklungstool am Beispiel Wärme

Um Kommunen bei der Wärmeplanung zu unterstützen und datenbasierte Entscheidungsgrundlagen für die zukünftige energetische Quartiersplanung- und Sanierung zu liefern, soll ein digitales Quartiersplanungstool entwickelt werden. Bestehendes Fachwissen und Datensätze der Verwaltung werden so neu verknüpft und zu einem integrierten Planungsansatz verbunden.

Als Basis dafür dient das von der CAU in Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt Kiel und dem Massachusetts Institute of Technology entwickelte Urban Building Energy Model. Dieses ermöglicht durch die Verknüpfung eines 3D Stadtmodelles mit lokalen Wetterdaten und thermischen Materialeigenschaften der Gebäude beispielhaft die Simulation der monatlichen Heizbedarfe (Raumwärme + Heizwärme + Warmwasser) einzelner Quartiere.

Durch die Weiterentwicklung zu einem offen und skalierbareren Datenservice zur Wärmebedarfsermittlung entstehen mehrere Vorteile für die kommunalen Mitarbeitenden, die sich mit der Quartiersplanung beschäftigen:

  • Einerseits steigt ihre Planungskompetenz, da sie auch bei kleinen Änderungen des Untersuchungsraumes selbstständig die Auswirkungen simulieren können.
  • Außerdem sind keine großen personellen Aufwende im Bereich IT- und Datenmanagement mehr notwendig, welches im Hinblick auf den Fachkräftemangel aber auch die Anwendung in kleinen Kommunen relevant ist.

5.5 Digitale Baumkarte

Hinsichtlich des Klimawandels leiden kommunale Bäume und weiteres Stadtgrün immer häufiger unter Dürrestress. Die kommunalen Grünflächen haben eine wichtige Funktion zur Regulierung des Stadtklimas, zur Vermeidung von Hitzeinseln und für die Naherholung der Bevölkerung.

Um eine optimale Pflege und Bewässerung der Bäume zu garantieren aber auch den klimatischen Bedingungen angepasste Arten auszuwählen werden die Bäume mit Sensoren ausgestattet, welche den kommunalen Mitarbeitenden Auskunft über den Zustand der Bäume geben und gleichzeitig Warnungen bei Dürrestress ausgeben. So kann frühzeitig, effizient und damit ressourcenschonend bewässert werden. Über die Sensoren können außerdem Temperatur und Sonneneinstrahlung gemessen werden, welche als Datengrundlage für die integrierte Grünflächenplanung dienen.

Die Daten können außerdem über eine offene Schnittstelle in Form einer „digitalen Baumkarte“ den Bürger*innen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden, sodass diese über den Zustand der Bäume in ihrer Nachbarschaft informiert sind und die ebenfalls gießen.

Somit wird die Eigenverantwortung der Bewohner und die Identifikation mit den öffentlichen Flächen in der Nachbarschaft zusätzlich gestärkt.

5.6 Smarte Wasserplanung im Quartier

Der Klimawandel führt zu vermehrten Extremwetterereignissen wie Starkregen und Dürreperioden, welche einen sehr hohen Einfluss auf die Siedlungsstrukturen haben. Damit Planer*innen geeignete Modelle zur Verfügung haben, um diese Szenarien zu prognostizieren, sollen Sensor-gestützte Daten als Entscheidungsgrundlage dienen.

Einerseits soll mit Hilfe von Sensoren der Zustand von Trinkwasserquellen (Grundwasser) sowie die Versorgung mit Trinkwasser (Wasserwerke und Brunnen) digital überwacht werden. Andererseits die Auswirkungen von Extremwetterereignissen mit Hilfe von KI-basierten Niederschlagsprognosen vorhergesehen werden und damit Planungsansätze wie das Schwammstadtmodell bei der zukünftigen Planung stärker einbezogen.

5.7 Bodentemperaturmonitoring

Eine sensorbasierte Überwachung der Bodentemperatur bietet großes Potential bei der Einsparung von Ressourcen beim bedarfsgerechten Winterdienst auf Auto, Rad und Fußwegen und bietet gleichzeitig eine Datengrundlage für die Stadtplanung bei der Vermeidung von Hitzeinseln.

5.8 Smartes Energiemanagement für Privathaushalte

Heute muss bei günstigen Bedingungen für erneuerbare Energien (mittags viel Wind und die Sonne scheint) die Produktion von erneuerbarem Strom gedrosselt werden, da der überschüssige grüne Strom nicht genutzt oder gespeichert werden kann. Es entstehen sogenannte Stromspitzen. Sie verlaufen meistens nicht parallel mit den Verbrauchsspitzen, wenn morgens oder abends die Verbraucher die stromintensiven Geräte betreiben.

Im Rahmen des Interreg5a Projektes „IntelliGrid“ wurde in Kooperation mit der Fachhochschule Kiel und der Universität Roskilde eine intelligente Steckdose entwickelt. Diese Steckdose ermöglicht es, dass der Stromversorger die Steckdose steuern kann. Und somit die Waschmaschine anschalten, wenn möglichst viel grüner Strom im Netz verfügbar ist.

Mit 1000 intelligenten Steckdosen für Privathaushalte soll aufgezeigt werden, wie dadurch Verbrauchsspitzen zentral seitens der Stromversorger geglättet und grüne Stromspitzen bestmöglich genutzt werden können und so ein wichtiger Beitrag zur erfolgreichen Energiewende geleistet werden kann.

Rückmeldung zum Fokusthema oder Einzelprojekten

Wenn ihr Feedback zum Fokusthema oder Einzelprojekt habt, schreibt uns gerne.

Hauptverantwortlich für das Fokusthema ist Simon Radtke. Schreibt gerne eine Mail mit dem
Betreff: Fokusthema Experimentierquartier (und ggf. den Namen des Projektes)

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